Wie bringt man 14-Jährigen ein klassisches Drama näher? Oder anders gefragt: Was geht das Jugendliche von heute noch an? Diese Frage stellte sich die Fachschaft Deutsch an der Realschule Thannhausen. Die Wahl fiel auf Schillers „Wilhelm Tell“. Es ist sein letztes fertiggestelltes Drama und bis heute eines der meistgespielten Stücke auf deutschen Bühnen. Eine Schulvorstellung sollte es sein und allen war klar: So etwas gelingt nur, wenn die Aufführung auf die Jugendlichen zugeschnitten ist. Hier kommt der Schauspieler Ekkehard Voigt mit seinem „Theater Als Ob“ ins Spiel. Seit vielen Jahren gastiert er mit seinem Repertoire klassischer Stücke an Schulen in ganz Deutschland.
Ungewöhnlich ist seine Art der Aufführung: Das Solotheater. Sämtliche Rollen spielt er selbst. Was angesichts eines klassischen Dramas zunächst unmöglich schien, wurde zu einer wahren Sternstunde des Schultheaters.
Dabei arbeitete er mit unterschiedlichen Stimmmodulationen und einem brillanten Einsatz von Mimik und Gestik. Beeindruckend war auch seine körperliche Präsenz, die die Zuschauer in Bann schlug. Die Bühnenrequisiten bestanden aus einer „Schillerecke“, einem Bild der Schillerstatue in Weimar und einer Kerze. In der Bühnenmitte befanden sich zwei Holzgestelle, die ihm als Sitzgelegenheiten dienten, aber auch als Boot genutzt werden konnten. Nicht zu vergessen die verschiedenen Kopfbedeckungen, die dem Publikum verdeutlichten, in welche Rolle er gerade schlüpfte.
Aus der Sicht des Knaben Walter Tell erzählte Voigt den auf die Haupthandlung gekürzten Stoff. Geschickt wechselte er zwischen moderner Sprache und Originaltext. Dabei bezog Ekkehard Voigt die Schüler während des Stücks immer wieder mit ein. Beispielsweise stellte er Fragen oder ließ das Publikum den Rütli-Schwur sprechen. So riss der Aufmerksamkeitsfaden auch bei an klassischer Literatur weniger interessierten Schülern nie ab. Besonders fesselnd war die Szene mit dem berühmten Apfelschuss, ausgeführt mit dem originalgetreuen Nachbau einer mittelalterlichen Armbrust. Das junge Publikum hielt den Atem an. Der Applaus wollte kein Ende nehmen.
Wichtig war Voigt, dass nach der Vorstellung genügend Zeit für Diskussionen mit seinem Publikum bestand. Dabei hob er einen Aspekt des Stückes besonders hervor: Den Kampf um die Meinungsfreiheit. Das Recht darauf, seine Ansichten frei äußern zu dürfen, sei nämlich etwas, wofür man dankbar sein sollte, denn an anderen Orten auf der Welt sei dies nicht möglich.
So ging ein überaus spannendes, lehrreiches Theatererlebnis zu Ende und es steht zu hoffen, dass das „Theater als ob“ in Zukunft wieder in Thannhausen spielen wird.
Text: Wolfgang Werz
Bilder: Wolfgang Werz